DDR-Jahreshitparaden

"Charts"- nur eben anders

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Pop, Rock und Schlager in der damaligen DDR


Wie eigentlich alles, so wurde auch die populäre Musik in der ehemaligen DDR von staatlichen Vorgaben geregelt. So war es eigentlich auch nicht verwunderlich, dass eine größere internationale Akzeptanz den Künstlerinnen und Künstlern aus dem Osten verwehrt blieb. Was sich allerdings innerhalb dieser Barrieren national entwickelte, war schon beachtlich. Wie wohl überall auf der Welt diente der Rundfunk hauptsächlich zur Verbreitung von Wort und Musik. Hier gab es allerdings eine Besonderheit. Ein Erlass des Ministerrates der DDR vom 2.1.1958 regelte die “Anordnung über die Programmgestaltung bei Tanz- und Unterhaltungsmusik”. Nach dieser Regelung mussten - hauptsächlich um Devisen zu sparen - 60% der Musik aus dem Ostblock stammen und die restlichen 40 % durften aus dem NSW, dem nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet, sein.
In der DDR gab es folgende (selbstverständlich nur staatliche) Rundfunkstationen: 


Radio DDR 1: Ein Massenprogramm mit Nachrichten und Unterhaltung
Radio DDR 2: Ein kulturell und wissenschaftlich ausgerichtetes Programm für anspruchsvolle Hörer.
Stimme der DDR: Ein Sender, auf dem hauptsächlich außenpolitische Themen und deren Bezug zur DDR behandelt wurden.
Berliner Rundfunk: Er präsentierte DDR-weit die Hauptstadt.
Radio Berlin International: produzierte Propagandaprogramme für das Ausland, sendete in den 70er-Jahren in elf Sprachen und hatte sich zu einem der renommiertesten und umfangreichsten Propagandasender des Ostblocks entwickelt. Nur Radio Moskau und Radio Peking waren noch größer.
Ab 07.03.1986 kam das Jugendradio DT 64 als jugendliches, an westlichen Vorbildern orientiertes Vollprogramm zunächst von 4 - 24 Uhr, dann rund um die Uhr dazu. Bis auf Radio DDR 2 waren alle Programme Vollprogramme (also Bildung, Hörspiel, Kinderfunk, Klassik, Pop) und flächendeckend über UKW im gesamten Gebiet der DDR zu empfangen. Lediglich RBI sendete auf Kurz- und Mittelwelle. Sämtliche Programme (mit Ausnahme der Regionalprogramme von Radio DDR 2) wurden im Funkaus Berlin in der Nalepastraße produziert.

Hitparaden nach Verkaufszahlen gab es in der DDR nie. Das lag zum einen an der Begrenzung des Rohmaterials Vinylacetat, zum anderen an der geringen Käuferschaft, nicht aber am geringen Interesse. Der DDR-Rundfunk sorgte oft auch dafür, dass alles “mittschnittfreundlich” rüberkam. Denn einen “Anett”, “Minett”, “Sonett”, “Geracord” “SKR 700” usw. Kassettenrecorder hatte bestimmt jeder (Preis einer 60er MC 20 Mark!). Wer Beziehungen hatte konnte auch ein Tonbandgerät Marke Tesla oder Jupiter sein Eigen nennen.

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Verkauften die Puhdys noch 1,1 Mio Exemplare der LP “Rock ‘n’Roll Music” und ging Karats “Der blaue Planet” noch 950.000 mal über den Ladentisch, mußte sich die LP des Jahres 1988 von Rockhaus “I.L.D.” mit etwa 20.000 Verkäufen begnügen. Verkaufszahlen spielten nie eine große Rolle und Tonträger in Edelmetall konnte man gleich gar vergessen. Wer Eheringe wollte musste ja beim Juwelier auch schon Gold abgeben. Man stelle sich das mal im Musikgeschäft vor: Will ein Interpret eine goldene Platte haben, muß er vorher Gold abgeben... An Singleauskopplungen zur Stützung der LP-Verkäufe war kaum zu denken. Deswegen gab es das Phänomen der “Funkauskopplungen”:

Die Interpreten sagten den Rundfunkstationen, welche Titel zur allgemeinen Bewertung freigegeben wurden. Und die Zuhörerschaft stimmte ab. So entstanden Hitparaden. Die wichtigsten waren die seit 1976 existierende “Tip-Disko” auf Stimme der DDR, die “ Beatkiste” (ebenfalls Stimme der DDR, vorher Franks Diskothek und Franks Beatkiste), deren letzte Sendung am 29.3.90 lief, sowie das “DT Metronom”. Letzteres lief seit 1972 im Rahmen des “Jugendstudio DT 64”. und wurde später vom Jugendradio DT 64 übernommen. Mit den Sendungen sind auch die Namen von Moderatoren verbunden, die mit ihrem Charisma der jeweiligen Sendung einen unverwechselbaren Stempel aufdrückten. Zu nennen sind hier Lutz Bertram ( Stasi hin oder her - für mich das beste, was je über den Äther gekommen ist), Roland Urbanski, Lutz Schramm, Gotfried Flemig, Thomas Froese, aber auch andere.

Die nun folgenden Jahrescharts entstanden aus den Jahreshitparaden der oben genannten Sendungen und wurden jeweils in der DDR-Zeitung „Wochenpost“ veröffentlicht. Für Hinweise, Kritik, Anregungen und Lob bin ich jederzeit dankbar. Unten können Sie zu den einzelnen Jahren gelangen und vielleicht auch in Erinnerungen schwelgen. Damit das auch gelingt, habe ich ein paar kleine Anekdoten zum jeweiligen Jahr vorangestellt. Bitte beachten Sie jedoch: Es handelt sich hier um eine reine Aufzählung. Nicht alle dieser Titel sind in meinem Repertoire vorrätig. Außerdem werde ich Anfragen nach Kopien bestimmter Titel oder Tonträger gekonnt ignorieren.