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Promo-Mail der besonderen Art

Als DJ mit regelmässigen Auftritten kommt man in den Genuss von so genannten Bemusterungen. Plattenlabels senden Titel, um sie auf Praxistauglichkeit zu testen und um etwas über die Reaktion der Leute zu erfahren. Das ist gut so. Manchmal treibt das allerdings seltsame Blüten.

Ich erhielt letztens eine solche Promo-Mail, in der außer dem Titel noch eine Vorstellung des Künstlers war. Diese zu lesen bereitete mir nur Kopfschütteln. Voller Frust und Selbstmitleid schrieb er als „Pressetext“, warum er sich von den Decks zurückgezogen hat, warum er jetzt sich berufen fühlt, Musik zu machen und diese unter die Leute zu bringen. Es folgt eine Schimpftirade auf alle DJs, die sich bereits der MP3-Technik verschrieben haben; dass diese ja gar keine „richtigen“ DJs sind und zu guter Letzt noch ein fast schon tränendrückendes Fluchen auf DJs, die sich zu Dumpingpreisen anbiedern und so den Markt kaputt machen. Zitat: „Als Dj, der gute Leistung bringt, bekommt heute überhaupt kein Geld mehr.“ (Das steht wirklich so seltsam da)

So kaputt, wie der Markt ist, so kaputt scheint auch der Typ zu sein. Äußerst seltsam wird hier teilweise an der Realität vorbei geschildert und die Probleme immer bei den anderen gesucht. Falls Du das lesen solltest, hier mal meine Meinung:

1.) MP3 ist schon lange salonfähig geworden! Besuch mal eine Musikmesse. Es gibt haufenweise Hard- und Software, von „Spielzeug“ bis „Profi“. Ich lege zwar immer noch mit CDs auf, aber ich respektiere Kollegen, die zu MP3 gewechselt sind. Mit welchen Ton- oder Datenträgern die Stimmung erzeugt wird, ist egal. Hauptsache, es gibt Stimmung!

2.) Das Musikstück im Anhang und auch die anderen Stücke des Labels sind als „wirklich hart erarbeitet worden“ beschrieben. Ähm, sogenannte DAW-Programme gibt es schon für einen kleinen dreistelligen Eu-Betrag. Auch die Hardware kostet mittlerweile kein Vermögen. Und dank Automationen und haufenweise Sample-Bibliotheken ist so ein Stück wie dieses mitgesendete nicht wirklich harte Arbeit gewesen.

3.) DJ ist nicht nur, wer in der Disse House oder Black auflegt, DJ ist auch, wer einen Abschlussball einer Tanzschule oder einen Tanztee souverän moderieren kann. Von Hochzeiten oder anderen privaten Feiern, wo mehrere Generationen und Musikgeschmäcker unter einen Hut gebracht werden wollen, will ich mal gar nicht reden. Mal über den Tellerrand gucken ist auch nicht verkehrt.

4.) Richtig ist, dass am Markt ein großer Dumpingwettbewerb herrscht. Sogenannte „bundesweite DJ-Agenturen“ sind da ganz vorn bei diesem schädlichen Tun ganz vorne dabei. Richtig ist auch, dass man im Gegensatz zu den 90ern heutzutage damit keine Wahnsinnssummen mehr mitnehmen kann. Aber DJ Heiko und seine Mobildisco aus Sonneberg schreibt schwarze Zahlen. Das ganze wohl auch deswegen, weil ich nicht immer nur heule, wie böse doch die anderen sind, sondern offensichtlich auch verkaufen kann, wie gut ich bin. Denk mal drüber nach! Die eigene Qualität überzeugt mehr als das Schlechtmachen der Konkurrenz.